Trauer um Gaby Jacobi, die letzte Tochter von Rabbiner Dr. Max Dienemann

Gaby Jacobi - klicken Sie das Photo an, um es in einem separaten Fenster zu vergrößern In stiller Trauer gibt die Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft Offenbach e.V. Kenntnis vom Tod ihres Ehrenmitglieds Gaby Jacobi. Die jüngste von drei Töchtern des letzten Offenbacher Rabbiners vor der Schoa, Dr. Max Dienemann, und seiner Frau Mally, starb, wie jetzt bekannt wurde, am 10. Februar im Alter von 90 Jahren in London. Dort lebte Gaby Jacobi seit ihrer Emigration 1937 aus Deutschland.

Seit der Gründung unserer Gesellschaft im Juni 1995 hat Gaby Jacobi mit Wohlwollen und kritischem Rat unser Anliegen unterstützt, das Wirken ihres Vaters, der einer der führenden liberalen Rabbiner Deutschlands war, ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. Auf dem Weg der Erforschung und der Vermittlung des Werks, das ihr Vater schuf, war uns Gaby Jacobi eine einfühlsame und ermutigende Begleiterin. Wir werden ihre Gegenwart und Zuneigung schmerzlich vermissen.

Als Kind und Jugendliche in Offenbach

Gaby Jacobi war die jüngste der drei Töchter Dora, Paula und Gaby der Eheleute Max und Mally Dienemann, geborene Hirsch. Zur Welt kam Gaby Jacobi am 30. September 1919 in Ratibor. Dort war Dr. Max Dienemann (1875–1939) als Rabbiner tätig. Im Alter von acht Wochen zog Gaby mit ihren Eltern nach Offenbach, da ihr Vater hier zum Rabbiner berufen worden war. In Offenbach besuchte sie die Höhere Mädchenschule, die sie in der Hitlerzeit als Jüdin verlassen musste. Die Abiturprüfung legte Gaby Jacobi in Frankfurt an der Humboldtschule ab. Zwar war es ihr Wunsch gewesen, Sportlehrerin zu werden. Doch dazu kam es nach ihrer Emigration ins britische Königreich nicht. Mit ihrem Ehemann, einem nichtjüdischen deutschen Journalisten, der für die Nachrichtenagentur Reuters und BBC arbeitete, emigrierte Gaby Jacobi 1937 nach England. Dort unterrichtete sie als College-Lehrerin Hauswirtschaft, Mode und Hotellerie.

Schmerzvolles Wiedersehen

Offenbach hat Gaby Jacobi nach langem Zögern mehrmals besucht: zuerst 1989 aus Anlass einer Gedenkfeier zum 50. Todestags ihres Vaters. Im Herbst 1995 nahm sie zusammen mit ihrer Schwester Paula Schindler an der Eröffnungsveranstaltung der neu gegründeten Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft teil. In Anwesenheit beider Töchter wurde der Gemeindesaal der früheren Synagoge, das heutige „Capitol Theater“, nach Rabbiner Dienemann benannt. Gemeinsam waren Gaby Jacobi und Paula Schindler (1909–2004) sowie Heinrich Schwarzwald (1914–2006) Ehrenmitglieder der Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft. An der Eröffnung des Weges, der 1999 im Büsing-Park nach ihrem Vater benannt wurde, nahmen beide Schwestern teil. Zuletzt war Gaby Jacobi auf Einladung unserer Gesellschaft bei der Festveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen im November 2005 im Dr. Max Dienemann-Saal der ehemaligen Offenbacher Synagoge zu Gast.

„ … meinen persönlichen Frieden mit Deutschland geschlossen“

In ihrem Grußwort zur Mitgliederversammlung der Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft im Jubiläumsjahr 2005 schrieb Gaby Jacobi: „Sie feiern den zehnten Jahrestag der Gründung ihrer Gesellschaft. Aber auch ich habe einen zehnten Jahrestag zu feiern. 1995 war nämlich das Jahr, in dem ich meinen persönlichen Frieden mit Deutschland geschlossen habe. In diesem Jahr lud Ihre Gesellschaft meine Schwester Paula Schindler und mich ein, gemeinsam meines 1939 verstorbenen Vaters Max Dienemann zu gedenken. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, dass ich sehr zögerte, nach Offenbach zu kommen angesichts all der üblen Erinnerungen an die ersten 17 Jahre meines Lebens, ganz zu schweigen von ,Kristallnacht’ und Krieg. Meine Schwester überredete mich jedoch zu dieser Reise, und ich hatte keinerlei Veranlassung, diese Entscheidung zu bedauern. Ganz im Gegenteil wurden wir überall in Offenbach, besonders auch von Oberbürgermeister Gerhard Grandke, mit großer Herzlichkeit und Freundlichkeit empfangen, so dass es ein wundervolles Erlebnis wurde. Es war sehr passend, dass gleichzeitig Ihre Gesellschaft gegründet wurde, um für ein besseres Verständnis zwischen Juden und Nichtjuden zu wirken, und ich war dankbar dafür.“


© Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft e. V.