Offenbacher Lesungen

»Denn sieh, du blätterst einen Menschen um«
Hanns Zischler liest Gertrud Kolmar
Ein literarisches Portrait zum 70. Todestag der Dichterin Gertrud Kolmar (1894-1943)


17. März 2013, 20.00 Uhr
Büsing-Palais, Herrnstraße 82, Offenbach

Eintritt: 20 € (Vorverkauf zzgl. Vvg.) und 23 € (Abendkasse)
Vorverkauf ab 22. Februar 2013: OF Info Center, Salzgässchen 1; Ring Center, Odenwaldring 70

Verkehrsverbindung:
S1, S2, S8, S9 bis S-Bahn-Station "Offenbach Marktplatz"
Parkhäuser: Rathaus, Haus der Wirtschaft
Parkplatz: Mainufervorgelände

Veranstalter:
Max Dienemann Salomon/Formstecher-Gesellschaft Offenbach
Kulturbüro der Stadt Offenbach


Offenbacher Lesungen: Literatur im O-Ton.
Vorgetragen von renommierten Autoren und Schauspielern.
Auf Initiative der Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft. Forum für zeitgenössisches Judentum.


Musikalische Begleitung: Olaf Joksch (Klavier), Stefan Bartmann (Klarinette)

In der vierten Veranstaltung der Reihe "Offenbacher Lesungen", eine Initiative der Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft in Kooperation mit dem Kulturbüro der Stadt Offenbach, liest der Schauspieler, Autor und Rezitator Hanns Zischler Gedichte, Prosa und Briefe von Gertrud Kolmar. Auch lässt er zeitgenössische Stimmen zu Wort kommen.

Gertrud Kolmar gilt der Kritik als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Dichterinnen des 20. Jahrhunderts. Geboren wurde die Dichterin 1894 in Berlin als Gertrud Käthe Chodziesner. Kolmar, die als Erzieherin und Sprachlehrerin tätig war, veröffentlichte 1917 ihren ersten Gedichtband. Um 1930 wurden Gedichte von ihr in der "Neuen Schweizer Rundschau", im "Insel-Almanach" und in der Anthologie "Herz zum Hafen" gedruckt. In dieser Zeit schrieb Kolmar die Erzählung "Eine jüdische Mutter".

Ein halbes Jahr nach der Machtübernahme durch Hitler verfasste sie den Gedichtzyklus "Das Wort der Stummen", eine für die Dichterin ungewöhnlich offene politische Äußerung: Parteinahme für die von den Nationalsozialisten Verfolgten. Auch ihre im Herbst 1933 verfasste Studie "Das Bildnis Robespierres" ist vor dem Hintergrund der Hitler-Diktatur zu verstehen. 1934 erschien ihr zweiter Lyrikband "Preußische Wappen", und zwar im Verlag "Die Rabenpresse" von Victor Otto Stomps. Kolmar schrieb in den Folgejahren den Gedichtzyklus "Robespierre", das Schauspiel "Celine Renault", den Zyklus "Welten" und die dramatische Legende "Nacht". 1938 erschien unter dem Namen Gertrud Chodziesner der Gedichtband "Die Frau und die Tiere" im Jüdischen Buchverlag Erwin Löwe. Doch nach dem Novemberpogrom wurde die Auflage, wie es heißt, "eingestampft". 1940 verfasste Gertrud Kolmar die Erzählung "Susanna". Im Juli 1941 wurde die Dichterin zur Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie verpflichtet, am 27. Februar 1943 bei der "Fabrikaktion" verhaftet und am 2. März nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Hanns Zischler, 1947 in Nürnberg geboren, hat als Dramaturg, Übersetzer, Verleger, Essayist, Fotograf sowie Film- und Literaturkritiker gearbeitet. Seit 1967 drehte Zischler mehr als 170 Filme, und zwar mit Regisseuren wie Steven Spielberg, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol, Wim Wenders, Costa Gavras und Rudolf Thome. Die Berliner Akademie der Künste zeichnete Zischler 2009 mit dem Heinrich-Mann-Preis aus. Für die Lesung von Alexander Kluges "Chronik der Gefühle" erhielt Zischler zusammen mit Peter Fricke und Ilja Richter 2010 den Deutschen Hörbuchpreis. Die Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur nahm Zischler im vorigen Herbst als Mitglied auf.

Die FAZ nannte Zischler einen "Vielfachästheten und Multiartisten", der auch dann präsent bleibe, wenn er als Schauspieler nur schweigend auf einem Sofa liege. Aus seinem mimischen wie stilistischen Phlegma habe Zischler ein Markenzeichen gemacht: die expressive Lakonie.

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© Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft e. V.