Pressestimmen

7. Januar 1998
Podiumsdiskussion
"Die Koffer sind ausgepackt -
Bildet sich ein neues deutsches Judentum?"

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar 1998, Seite 39

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Januar 1998, Seite 49

Frankfurter Rundschau, 9. Januar 1998, Seite 4

Offenbach-Post, 9. Januar 1998, Seite 10

Evangelische Kirchenzeitung - Das Sonntagsblatt für Hessen und Nassau,
18. Januar 1998, Seite 2




Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar 1998, Seite 39


Südwestfunk überträgt aus Jüdischer Gemeinde

h.r. OFFENBACH. Der Südwestfunk wird die Podiumsdiskussion der "Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft" unter dem Thema "Die Koffer sind ausgepackt - Bildet sich ein neues deutsches Judentum?" einen Tag später, am 8. Januar, im "S2 Forum" von 17.05 bis 18 Uhr in einem Zusammenschnitt senden. Wie berichtet, nehmen an der Diskussion Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (Frankfurt), Professor Julius Schoeps, Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien (Potsdam), der Erziehungswissenschaftler Professor Micha Brumlik (Frankfurt/Heidelberg) und der Rabbiner Tovia Ben-Chorin von der Jüdisch Liberalen Gemeinde "Or Chadasch" in Zürich teil.

Anlaß zur Debatte gibt die Eröffnung des neuen Zentrums der Jüdischen Gemeinde Offenbach; dies sei als ein Zeichen zu werten, daß die jüdische Gemeinschaft der Stadt auf eine gesicherte Existenz hoffe. Vor dem Hintergrund neuer Gemeindegründungen und des Zuzugs von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion soll die Aussage des Rabbiners Leo Baeck diskutiert werden. Baeck, letzter Repräsentant des deutschen Judentums und Überlebender des Konzentrationslagers Theresienstadt, zog nach Kriegsende die Schlußfolgerung: "Die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für allemal vorbei."

Das Gespräch findet am Mittwoch, 7. Januar, von 19.30 Uhr an im Jüdischen Gemeindezentrum Offenbach, Kaiserstraße 109, statt und wird vom ARD-Journalisten Jochanan Shelliem moderiert.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Januar 1998, Seite 49

"Die Koffer sind ausgepackt"
Bildet sich ein neues deutsches Judentum? / Eine Diskussion in der Jüdischen Gemeinde

h.r. OFFENBACH. Das "Geschenk" der "Max Dienemann / Salomon Formstecher-Gesellschaft" an die Jüdische Gemeinde Offenbach, die vor einigen Wochen ihr neues Zentrum und die Synagoge eröffnet hatte, ist am Mittwoch abend größer ausgefallen als vom Veranstalter erwartet. Der Andrang zur Diskussion über das Thema "Die Koffer sind ausgepackt - Bildet sich ein neues deutsches Judentum?" war so groß, daß schnell noch Sitzgelegenheiten im Foyer geschaffen werden mußten. Als mit halbstündiger Verspätung der Journalist Jochanan Shelliem das Wort ergriff, um Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Professor Julius Schoeps, Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums in Potsdam, und den Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik vorzustellen, sprach er zu mehr als 400 Zuhörern.

Ist die Epoche der Juden in Deutschland ein für allemal vorbei, wie Rabbiner Leo Baeck nach dem Krieg meinte? Oder ist das "Land der Mörder" entgegen den Vorhersagen in den vergangenen fünf Jahrzehnten doch mehr als ein bloßer Transitraum für Juden? Bubis, der sich als deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens bezeichnete, nannte die Koffer der etwa 70.000 in Deutschland lebenden Juden "ausgepackt". Als Indiz dafür wertet er den Umstand, daß die Auswanderungsquote in den letzten Jahren nur geringfügig größer gewesen sei als die in der Bundesrepublik insgesamt. Die Entscheidung, in Deutschland zu leben, habe auch die überwiegende Zahl der 40.000 Juden getroffen, die aus Osteuropa nach dem Fall der Mauer eingereist seien; "auch sie haben hier ausgepackt". Dennoch hält Bubis es für eine Illusion zu glauben, daß sich innerhalb der nächsten zehn Jahre ein neues deutsches Judentum entwickeln wird, das nahtlos an die Traditionen des liberalen Judentums vor 1933 anknüpft, "Das wird dauern und zwar mindestens zwei Generationen, und es wird an den Nichtjuden liegen, ob die Integration gelingt."

Im Gegensatz zu Bubis und Schoeps, der ebenfalls ein neues deutsches Judentum im Entstehen sieht - "wenn auch ein anderes als das vor 1933" -, versteht sich Brumlik "noch immer nicht als Deutscher". Er sei "ein Angehöriger des jüdischen Volkes, der in Deutschland lebt, kein Staatsbürger jüdischen Glaubens". Nach dem Holocaust und der Gründung des Staates Israel, den für ihn maßgeblichen Zäsuren, könne das Nachdenken über Judentum in Deutschland nicht mehr das gleiche sein wie vor dem Krieg.

"Auch eine Generationenfrage"

"Wir sind eine Minderheit von 70.000 unter 80 Millionen - halten Sie sich das immer vor Augen". Gleichwohl sei er bereit, politische Verantwortung in der Bundesrepublik zu übernehmen. Daß es sich bei der Debatte um das jüdische Selbstverständnis auch um eine Generationenfrage handelt, machte die Diskussion über Wehrdienst deutlich. Für seine verstorbene Schwiegermutter, räumte Bubis ein, sei die Vorstellung, ein Enkel trage eine deutsche Uniform, undenkbar gewesen. Schoeps verlangte entweder die Ableistung des Wehr- oder des Ersatzdienstes. "Es geht nicht an, daß junge Juden keines von beiden wollen. Wer Rechte will, muß auch Pflichten übernehmen." Brumlik sah "Zumutbarkeitsprobleme". Nicht nur die Entscheidung für den Wehrdienst, sondern auch für den Ersatzdienst sei schwierig, da er eine pazifistische Gesinnung verlange. Er könne sich nach Auschwitz nur wenige Juden vorstellen, die prinzipielle Pazifisten seien.

Die Bedeutung der jüdischen Einheitsgemeinde stellten alle drei Redner heraus. Nach Bubis ist der Zentralrat bestrebt, die Einheitsgemeinde als gemeinsames Dach für orthodoxe und liberale Juden oder Reformer zu erhalten. Doch sei er gegen "Folkloregemeinden", wo sich "Leute mit einem Gefühl für jüdische Kultur zusammenfinden". Auch Brumlik sah in der Einheitsgemeinde "das Beste, was wir in der Bundesrepublik haben", forderte aber für die liberalen Juden einen fairen Anteil.

Rabbiner Tovia Ben-Chorin von der Jüdischen Liberalen Gemeinde "Or chadasch" Zürich sieht in der Schweiz, wo liberale und orthodoxe Gemeinden nebeneinander bestehen, kein Modell für Deutschland; wegen Verspätung seines Flugzeugs traf er erst gegen Ende der Veranstaltung ein. Über den Streit um Tradition und Bruch im deutschen Judentum zeigte sich Ben-Chorin verwundert. Ähnlich Schoeps, der die Verbindungen betont vom liberalen Judentum vor 1933 zum jüdischen Leben heute, hob er den Wert der liberalen jüdischen Geschichte hervor. Es sei verwunderlich, daß gerade hier, wo die liberale Tradition ihre Wurzeln habe, es so große Schwierigkeiten gebe. Für Brumlik ist der Geist des Schtetl für die Zukunft ebenso wichtig. "Das neue deutsche Judentum muß alle Traditionen aufgreifen und umformen, die es gibt. Dazu gehört auch die Schtetl-Kultur." Shelliem schloß die Veranstaltung mit einem Anklang an die Schlußsentenz des Literarischen Quartetts: "Die Identität der Juden in Deutschland - alle Fragen offen."

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Frankfurter Rundschau, 9. Januar 1998, Seite 4

Eine Identität in Deutschland?
Jüdischen Gläubigen empfiehlt Bubis den Bezug auf Europa
Von Matthias Arning (Offenbach)

Die Perspektive von außen macht den inneren Zustand deutlich. Für Tovia Ben-Chorin ist der darin liegende Widerspruch unmittelbar zu greifen. "Jetzt", merkt der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde "Or Chadasch" in Zürich an, mehr als fünf Jahrzehnte nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, jetzt interessieren sich viele Christen in Deutschland für das Judentum - aber es findet sich kaum noch ein Jude". Ben-Chorins Anmerkung zielt indirekt darauf, die Motive für das zunehmende Interesse zu beleuchten, das auch die mehr als 400 Besucher der Diskussion über "ein neues deutsches Judentum" am Mittwoch abend im Zentrum der Offenbacher Jüdischen Gemeinde belegen. Die aus Scham angetriebene Solidarität dient wohl auch dazu, dem seit 1989 erneut genährten Nationalistischen zu trotzen. Das hatten die Nationalsozialisten in einer völkisch-rassistischen Variante zur ideologischen Grundlage ihrer Vernichtungspolitik gemacht.

Im Jahre 1989 seien schließlich nach Kriegsende "die Weichen gestellt worden", betrachtet der Historiker Julius Schoeps die Frage nach einer jüdischen Identität in Deutschland. Seitdem dränge sich die Frage auf: "Wer sind wir?", sagt der Direktor des in Potsdam ansässigen Moses Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien.

Gemeinsam mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und dem Frankfurter Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik, steckt Schoeps ein Spektrum möglicher Antworten ab. "Ich bin ein deutscher Staatsbürger", sagt der Potsdamer Professor jüdischen Glaubens. "Ich bin ein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens", fügt Bubis hinzu. Dagegen gibt es für den auf ein Reformjudentum setzenden Brumlik "keinen Weg als Deutscher und Jude".

Auch für Bubis sind die Vorzeichen seit 1989 nun gesetzt. Bis dahin lebten in der Bundesrepublik 28.500, in der DDR 500 Juden. Seit 1991 wanderten etwa 40.000 Menschen jüdischen Glaubens aus den ehemaligen Staaten der GUS zu, um die jüdischen Gemeinden zu stärken. Vor diesem Hintergrund raten Bubis wie Brumlik dazu, sich nicht nur auf die von jüdischen Intellektuellen in den 20er Jahren begründete Tradition, sondern auch auf die tiefer religiös fundierte in Osteuropa zu beziehen. "Die Tradition des liberalen Judentums ist 1945 zu Ende gewesen", merkt Bubis an. Vor diesem Hintergrund sei es "illusionär, zu erwarten, daß innerhalb von zehn Jahren ein neues deutsches Judentum" neben dem in Israel und in den USA entstehen werde: "Das wird noch zwei Generationen dauern" und nicht zuletzt auch davon abhängig sein, daß "Nicht-Juden etwas für die Integration tun". Und das meint auch: Juden als Subjekte einer Jahrhunderte währenden deutsch-jüdischen Geschichte anzusehen.

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Offenbach-Post, 9. Januar 1998, Seite 10

Wandern mit leichtem Gepäck auf steilem Weg zur Normalität
Überfülltes Jüdisches Gemeindezentrum bei einer Podiumsdiskussion
Von unserem Mitarbeiter Lothar R. Braun

Offenbach - So überfüllt wie am Mittwoch abend war das Jüdische Gemeindezentrum in Offenbach nur bei seiner festlichen Einweihung. Mindestens 300 Personen zeigten Interesse an einer von der Max-Dienemann / Salomon-Formstecher-Gesellschaft veranstalteten Podiumsdiskussion. Sie galt einer für das jüdische Leben zentralen Frage: Die Koffer sind ausgepackt - Bildet sich nun ein neues deutsches Judentum?

Unterschiedliche Positionen nahmen vor dem Publikum und vor Mikrofonen des Südwestfunks ein: Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, Professor Julius H. Schoeps aus Potsdam, der Frankfurter Professor Micha Brumlik und der liberale Rabbiner Tovia Ben-Chorin aus Zürich. Das Gespräch leitete der Journalist Jochanan Shelliem.

Die Autorität seines Amtes erlaubte es Bubis, seine Antwort auf die gestellte Frage wie eine abschließende Zusammenfassung zu formulieren. Er sieht die in Deutschland lebenden Juden nicht mehr mit dem gepackten Koffer in Griffnähe. Aber: "Es wird noch zwei Generationen dauern, bis es wieder ein deutsches Judentum geben wird."

Aus etwa 29.000 Juden, die 1990 in Deutschland lebten, seien durch Zuwanderung vornehmlich aus der ehemaligen Sowjetunion mittlerweile 70.000 geworden. Wobei die Zuwanderer in der Regel noch der Integration in die deutsche Gesellschaft bedürfen. Bubis: "Es wird an den Nichtjuden liegen, wie weit das geht. Zur Integration gehören immer zwei Seiten."

Ein Problem, das auch Nichtjuden beschäftigt, ist die Bindung jüdischer Deutscher an den Staat Israel. Ein Diskutant aus dem Publikum schnitt es an mit der Feststellung: "Ich habe mich zwar entschlossen, in Deutschland zu leben, aber mein Land ist Israel."

Bubis, der sich nicht als "Jude in Deutschland" versteht, sondern als "deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens", fand das unehrlich: "Man kann nicht hier leben wollen und sagen, dies ist nicht mein Land." Er sieht sich zwar in einer Volksgemeinschaft mit allen seines Glaubens, fühlt sich aber eingebunden in eine deutsche Nationalgemeinschaft. Dazu Schoeps: "Wo man lebt und gleiche Rechte einfordert, muß man auch die gleichen Pflichten übernehmen."

Die anspruchsvoll, stellenweise kontrovers verlaufende Diskussion berührte Gegensätze zwischen orthodoxen und liberalen Vorstellungen, die in der in Deutschland vorherrschenden Einheitsgemeinde häufig aufeinanderprallen. Sachte klangen Probleme an, die nicht wenigen Zuwanderern die Strenge der jüdischen Religionsgesetze bereitet.

Sichtbar wurden Meinungsverschiedenheiten darüber, in welchen Traditionen das neue deutsche Judentum wurzeln kann. Einig war man sich nur darin, daß es sich zwangsläufig vom liberalen deutschen Judentum der Vor-Nazi-Zeit unterscheiden wird.

Unausgesprochen blieb, wie sich die erörterten Tendenzen in der Offenbacher Gemeinde spiegeln. Durch Zuwanderer zu einer respektablen Größe angewachsen, suchte sie bei der Erweiterung ihres Zentrums die nach langem Zögern eingeleitete Öffnung zum Umfeld baulich darzustellen. Doch auch die Veranstaltung vom Mittwoch wurde von der Polizei beschirmt. Wer eintrat, mußte sich einer Personenkontrolle mit Metalldetektoren unterziehen.

Dies zeigte an, wie weit und steil der Weg zur Normalität noch ist. Aber er ist eingeschlagen, in Offenbach mit viel gutem Willen auf jüdischer wie nichtjüdischer Seite. Die Koffer sind ausgepackt. Man wandert mit leichtem Gepäck.

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Evangelische Kirchenzeitung - Das Sonntagsblatt für Hessen und Nassau,
18. Januar 1998, Seite 2


Die Koffer sind nicht gepackt
Diskussion in Offenbacher Synagoge über neues deutsches Judentum

OFFENBACH (epd). Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland entsteht unter den rund 70 000 in der Bundesrepublik lebenden Juden ein "neues deutsches jüdisches Bewußtsein".
Von Volker Rahn

Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, sitzt in der Bundesrepublik "kein Jude mehr auf gepackten Koffern". Derzeit entstehe bei den rund 70.000 hier lebenden Juden ein "neues deutsches jüdisches Bewußtsein", sagte Bubis im Jüdischen Gemeindezentrum Offenbach bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Die Koffer sind ausgepackt - Bildet sich ein neues deutsches Judentum?"

Es sei jedoch, stellte Bubis fest, angesichts der unterschiedlichen jüdischen Strömungen in Deutschland eine Illusion, anzunehmen, daß sich bereits im kommenden Jahrzehnt ein einheitliches Judentum herausbilde. Er wies darauf hin, daß jeder Jude gegenwärtig seine eigene Glaubensrichtung "unter dem Dach des Zentralrates" ausleben könne.

Bubis kritisierte die Gemeindegründungen von zugewanderten Juden aus Osteuropa, die oftmals eher an "Folkloregesellschaften" denn an Glaubensgemeinschaften erinnerten. Vielfach seien die Mitglieder nach dem jüdischen Gesetz keine Juden oder mit den religiösen Lehren nicht vertraut. Für die Zukunft des Judentums in Deutschland komme es jedoch weniger darauf an, wie gut die zugewanderten Juden aus Osteuropa in die deutschen Gemeinden integriert würden, sondern darauf, wie sich die Nicht-Juden in Deutschland künftig gegenüber den Juden verhielten.

Micha Brumlik, Professor für Erziehungswissenschaften an der Jüdischen Hochschule in Heidelberg, plädierte für ein "neues liberales Judentum", das vielfältige Traditionen, von orthodox bis liberal, in sich aufnehmen solle. Brumlik warnte davor, abfällig über das Judentum aus dem Osten und seine Traditionen zu reden, denn "wir stehen auch auf seinen Schultern". Für die Entwicklung eines deutschen Judentums sei es wichtig, den Holocaust als Basis für eine neue jüdische Identität zu begreifen. Vom deutschen Vorkriegs-Judentum mit seiner liberalen Tradition sei dagegen wenig zu lernen. Dieses habe vielfach eher protestantisch als jüdisch gewirkt.

Als problematisch bezeichnete der Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, Professor Julius H. Schoeps, die gegenwärtige Entwicklung des Judentums in Israel. Zunehmend bilde sich dort eine streng orthodoxe Glaubensrichtung heraus, die sich von den Strömungen des Weltjudentums teilweise erheblich unterscheide. Schoeps fürchtet deshalb vermehrte Konflikte zwischen israelischen Juden und denen aus der übrigen Welt. Nach Meinung des Züricher Rabbiners Tovia Ben-Chorin ist das Interesse am jüdischen Glauben fünf Jahrzehnte nach Auschwitz größer denn je. Allerdings lebten in Deutschland kaum mehr Juden, die einen Einblick in ihren Glauben geben könnten.

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© Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft e. V.